Am 25. Mai luden die Bundestagsabgeordneten Merle Spellerberg (Bündnis 90/ Die Grünen) und Ralf Stegner (SPD) zu einem Parlamentarischen Frühstück zum Thema “Autonomie in Waffensystemen” ein.
Zu Beginn des Gesprächs berichtete Thomas Küchenmeister, Sprecher der Kampagne “Stop Killer Robots”, von dem enttäuschenden Verlauf der Gespräche über autonome Waffen der Gruppe von Regierungsexpert*innen (GGE) im Rahmen der Waffenkonvention (CCW) der Vereinten Nationen. (PM verlinken) Der Prozess ist aufgrund des missbräuchlich genutzten Konsensprinzips nicht zielführend und die Beteiligungsmöglichkeit der Zivilgesellschaft und weiterer Beobachtenden wird immer mehr eingeschränkt, insbesondere durch Russland.
Die Kampagne ruft darum die Abgeordneten dazu auf, die Bundesregierung aufzufordern, eine detailierte nationale Position zu erarbeiten und sich für ein präventives, rechtlich bindendes Instrument einzusetzen, welches Systeme verbietet, die ohne ausreichende und effektive menschliche Kontrolle operieren und die mit Autonomie in den kritischen Funktionen ausgestattet sind. Die Verhandlungen müssen in der VN-Vollversammlung begonnen werden damit endlich ein verbindlicher Vertrag zustande kommen kann.
Anschließend berichtete Prof. Dr. Jutta Weber (Universität Paderborn) über ihre Beteiligung an dem Forschungsprojekt “Meaningful Human Control. Autonomous Weapon Systems Between Regulation and Reflective Practice” (MEHUCO, Link zum Projekt: https://meaningfulhumancontrol.de/) und ihre Einschätzung des aktuellen Stands der Technik von autonomen Waffen. Sie warnte vor “Techniksolutionism”, also dem Wunsch mit technischen Mitteln alle Probleme zu lösen. Aufgrund der Tatsache, dass KI Anwendungen eine black box sind, ethische Prinzipien nicht verstehen können und in sehr hoher Geschwindigkeit funktionieren, wird der Mensch nicht mehr über die Gewaltanwendung verfügen können.
In der anschließenden Diskussion wurden insbesondere Fragen zur Technik angesprochen, beispielsweise die Abgrenzung von autonom vs. automatisch, wie weit die Entwicklung in Ländern wie China bereits ist oder ob es anstelle eines Verbots nicht eine bessere Regulierung brauche. Der Kampagne, die sich für die Einhaltung des Völkerrechts und ethische Richtlinien beim Einsatz von autonomen Waffensystemen einsetzt, wurde sogar eine Fundamentalposition vorgeworfen, anscheinend ohne sich zuvor mit der Kampagnenposition auseinander gesetzt zu haben. Der Wissensstand bei einigen der Abgeordneten war erschreckend und ein Großteil der Disskusion wurde damit zugebracht Fragen zu klären, die schon seit Jahren keinerlei Rolle mehr in den Gesprächen in der CCW spielen, wie die Frage, ob die Kampagne Flugabwehrsysteme verbieten wollen würden. Während wir die Initiative der Abgeordneten Spellerberg und Stegner begrüßen und letzterer gegenüber Table.Security gesagt hat: SPD und Grüne “[möchten] einen völkerrechtlich verbindlichen Regulierungsrahmen für LAWS auf den Weg bringen”, wurde deutlich, dass das Frühstück nur der Anfang weiterer deutlich substantielleren Auseinandersetzungen mit dem Thema sein kann.
Die Vertreterin vom Auswärtigen Amt verwies auf ein gemeinsames Statement mit 52 Partner*innen, das im Rahmen der CCW in Genf von Deutschland und den Philippinen verlesen wurde. Das Statement unterstützte den Berichtsentwurf des Vorsitzenden der GGE, Botschafter Damico aus Brasilien. Der Entwurf enthielt keine rechtlichen Vorschriften, bzw. ließ bewusst offen, welche Form ein mögliches Dokument haben sollte, aber enthielt einige nützliche Elemente, darunter eine Charakterisierung von Autonomen Waffensystemen, Verbote, die sich auf die Kontrolle durch den Menschen konzentrieren, und Anforderungen an Vorschriften für die Entwicklung und Nutzung von Autonomen Waffensystemen. Eine Reihe von Staaten bezeichneten den Entwurf als ein Minimum und wiesen darauf hin, dass ein ehrgeizigerer Rahmen erforderlich ist. Der nun verabschiedete Bericht bleibt weit hinter dem Entwurf zurück.
Obwohl sich eine Abgeordnete für eine feministische Außenpolitik und damit eine engere Zusammenarbeit mit Staaten im globalen Süden aussprach, fehlte eine entsprechende Zusage wie etwa sich proaktiver mit den Staaten im globalen Süden zusammenzuschließen und ein Verbot effektiver voran zu bringen, geschweige denn nationale Maßnahmen zu ergreifen.
Die Vertreter*innen der Kampagne lassen sich nicht entmutigen und drängen weiter darauf, dass sich die Bundesregierung im Vorfeld der VN-Generalversammlung im Oktober 2023 für ein völkerrechtlich verbindliches Regulierungsrahmen für autonome Waffensysteme aussprechen wird.
Im Anschluss an die Veranstaltung verabredete die Kampagne mit der Friedrich Ebert Stiftung Berlin eine Veranstaltung mit MdBs im Vorfeld der UN-Generalversammlung im Oktober 2023.