Vom 9.-13. April 2018 berät die Staatengemeinschaft im Rahmen der VN-Waffenkonvention im fünften Jahr in Folge über den Umgang mit autonomen Waffensystemen. Im Mittelpunkt steht dabei die Frage ob Menschen zukünftig die Entscheidung über Leben und Tod an Maschinen delegieren sollen. Während sich immer mehr Staaten für eine internationale Regulierung dieser Waffen aussprechen, versuchen Militärmächte wie die USA und Russland die Gespräche auszusitzen. Doch auch Deutschland und Frankreich, die sich als besonnene Wegbereiter inszenieren, verschleppen und blockieren ein völkerrechtlich verbindliches Verbot. „Frankreich und Deutschland verhindern derzeit eindeutig nicht die rasante und ungebremste Entwicklung autonomer Waffensysteme. Im Gegenteil, es spricht mittlerweile vieles dafür, dass diese beiden Länder auf Zeit spielen und sogar ein gesteigertes Interesse an diesen Waffen haben,“ kritisiert Thomas Küchenmeister von Facing Finance, der deutschen Mitgliedsorganisation der int. Campaign to Stop Killer Robots.
(Berlin / Genf, 9.04.2018) SPERRFRIST 00:00 – Eine Woche vor den Verhandlungen der Staatengemeinschaft im Rahmen der VN-Waffenkonvention (CCW) zu autonomen Waffensystemen beherrschen erneut Forderungen nach einem verantwortungsbewussten Umgang mit Künstlicher Intelligenz die Schlagzeilen. Mehr als 3.000 Google-Mitarbeiter forderten jüngst Vorstandschef Sundar Pichai auf, aus dem Pentagon-Rüstungsprojekt Maven zur Verbesserung der militärischen Bilderkennung mittels künstlicher Intelligenz (KI) auszusteigen. Zudem boykottieren mehr als 50 renommierte KI-Forscher die südkoreanische Universität KAIST, die im Verdacht steht, mit dem Rüstungsunternehmen Hanwha Systems bei der Entwicklung autonomer Waffensysteme zu kooperieren.
Während Wissenschaft, Zivilgesellschaft und auch Teile der Industrie längst ein präventives und völkerrechtlich verbindliches Verbot über die Entwicklung, Herstellung, Beschaffung und den Einsatz autonomer Waffensysteme fordern, halten zahlreiche Staaten wie Russland, Großbritannien, Israel und die USA an diesen fest. Deutschland fällt wiederholt durch widersprüchliches Verhalten auf.
Im Vorfeld der Versuche der Regierungsbildung in Deutschland hatte Facing Finance als Mitglied der int. Campaign to Stop Killer Robots alle Verhandlungsteilnehmer dazu aufgerufen, sich für ein völkerrechtlich verbindliches Verbot von autonomen Waffen einzusetzen. Mit dem Koalitionsvertrag von 2018 wiederholt die Große Koalition aus SPD und CDU/CSU jetzt ihr Versprechen aus dem Jahr 2013 autonome Waffensysteme „global ächten zu wollen“. Offenbar fühlt sich die deutsche Delegation bei den Verhandlungen in Genf daran aber nicht gebunden. Denn dort ließ man im vergangenen November verlauten: „Die Option, eine all-umfassende Regulierung oder sogar ein Verbot zu diskutieren, wie von einigen Staaten und zivilgesellschaftlichen Organisationen vorgeschlagen, ist aus unserer Sicht zu diesem Zeitpunkt verfrüht.”
Gemeinsam mit Frankreich und im Widerspruch zum Koalitionsvertrag vertritt Deutschland im Rahmen der VN Waffenkonvention aktuell die Auffassung, dass eine „politische Deklaration“ oder ein „Verhaltenskodex“ geeignet seien, um der ungehinderten Entwicklung autonomer Waffensysteme entgegen zu steuern. Diese unverbindlichen, freiwilligen Maßnahmen wurden bzw. werden von der Zivilgesellschaft sowie von zahlreichen Staaten bereits als unzureichend kritisiert.
Parallel zur deutsch/französischen Blockade eines notwendigen, zeitnahen Verbotes wurde der Aufbau eines deutsch-französischen Forschungsinstituts zu künstlicher Intelligenz beschlossen. Zu dieser Einrichtung heißt es im aktuellen Koalitionsvertrag, dass man gemeinsam mit den französischen Partnern Technologieprogramme zu „Robotik“ und „autonomen Systemen“ schaffen wolle. Wörtlich ist dort zu lesen, dass „Deutschland mittels einer „Plattform Lernende Systeme“ die Bereiche „künstliche Intelligenz“ und „maschinelles Lernen“ aufbauen will und diese „…konsequent auf Anwendungen in allen Feldern der Forschungs- und Innovationsstrategie ausrichten…“ will. Dies schließt offensichtlich eine militärische Verwendbarkeit dieser Technologien ein. Frankreichs hat jedenfalls bereits öffentlich verkündet, jährlich 100 Millionen Euro für die Erforschung künstlicher Intelligenz im Rahmen einer Innovationsoffensive zur Entwicklung zukünftiger Waffensysteme ausgeben zu wollen. Involviert sind u.a. die Unternehmen Dassault und Thales. Aber auch deutsche Unternehmen wie z.B. Rheinmetall bieten bereits unbemannte Waffensysteme an, die autonom operieren können, wie z.B. das Multi-Mission UGV.
Will die Große Koalition verlorene Glaubwürdigkeit zurückgewinnen und ihr Versprechen, autonome Waffensysteme global ächten zu wollen, umsetzen, muss sie dafür Sorge tragen, dass auch die deutsche Delegation in Genf dieses Ziel verfolgt. Die Mehrheit aller Staaten ist bereit über ein verbindliches Rechtsinstrument zu verhandeln – Deutschland und Frankreich sollten diesem Beispiel folgen.
Kontakt vor Ort in Genf:
Thomas Küchenmeister
Geschäftsführender Vorstand
Facing Finance
(Campaign to Stop Killer Robots in Deutschland)
Tel. +49 (0)175 4964082
kuechenmeister@facing-finance.org
http://www.killer-roboter-stoppen.de