GroKo für völkerrechtliches Verbot autonomer Waffensysteme!?

"Dem deutschen Volke" - Westportal Reichstagsgebäude. Bild: © Jürgen Matern [CC BY-SA 3.0] - Wikimedia Commons

Vergangene Woche einigten sich die Spitzen von CDU, CSU und SPD auf einen neuen Koalitionsvertrag, der allerdings noch von der SPD-Basis abgesegnet werden muss. Sollte es zu einer Neuauflage der GroKo (Großen Koalition) kommen, so würde eine Ächtung von autonomen Waffensystemen auch weiterhin nur halbherzig verfolgt oder sogar weiter verschleppt werden.

Der am 8. Februar 2018 vorgelegte Koalitionsvertrag für eine Große Koalition aus CDU, CSU und SPD leitet keinen Kurswechsel im Umgang mit autonomen Waffensystemen in der deutschen Politik ein. Diesem so wichtigen Rüstungskontrollthema und der damit verbundene Frage, ob zukünftig die Kontrolle über Tötungsentscheidungen an Maschinen und Algorithmen delegiert wird, widmen CDU/CSU & SPD nur etwas mehr als eine Zeile: „Autonome Waffensysteme, die der Verfügung des Menschen entzogen sind, lehnen wir ab. Wir wollen sie weltweit ächten.“ Diese Formulierung stellt zwar eine positive Entwicklung gegenüber dem entsprechenden Passus im Sondierungspapier („Völkerrechtswidrige Tötungen durch autonome Waffensysteme lehnen wir ab und wollen sie weltweit ächten“) dar, über welches wir am 29.01.2018 ausführlich berichteten, kann jedoch nicht als wesentliche Verbesserung gegenüber dem bestehenden Koalitionsvertrag von 2013 gewertet werden.

Eine Ächtung autonomer Waffensysteme kann nur über ein völkerrechtlich verbindliches Verbot gelingen. Der neu ausgehandelte Koalitionsvertrag vermeidet diesen Bezug jedoch explizit. Dabei wird die Forderung nach einem solchen präventiven Verbot im Rahmen der CCW-Konvention (Convention on Certain Conventional Weapons) der Vereinten Nationen von mittlerweile 22 Staaten geteilt. Rund 120 Staaten verlangen ein verbindliches Rechtsinstrument, dass den Umgang mit autonomen Waffensystemen international reguliert. Obwohl sich Deutschland im vergangenen Koalitionsvertrag ebenso für eine völkerrechtliche Ächtung aussprach, kam sie diesem Bekenntnis nie nach. Im Gegenteil mit einer internationalen Politik der kleinen Schritte und der Erhaltung des Status Quo verschleppte die deutsche Delegation die Durchsetzung eines präventiven Verbotes ebenso wie jene Staaten, die sich offen gegen ein Verbot aussprachen. Der Wortlaut des jetzigen Koalitionsvertrags lässt befürchten, dass eine internationale völkerrechtliche Ächtung von autonomen Waffensystemen nicht im Interesse einer möglichen neuen deutschen Bundesregierung ist.

Die Große Koalition einigt sich zudem nicht, wie in einem Schreiben von Facing Finance an die Koalitionäre vom 23.01.2017 gefordert, auf „ein umfassendes, präventives Verbot der Entwicklung, Herstellung und Nutzung von autonomen Waffen, die ohne menschliche Kontrolle Ziele erfassen und zerstören“, sondern spricht lediglich von einer Ablehnung autonomer Waffensysteme, „die der Verfügung des Menschen entzogen sind“. Diese Formulierung ist äußerst schwammig. Auch wenn im alten Koalitionsvertrag noch von „vollautomatisierten Waffensystemen“ die Rede ist, so hieß es dort zumindest man wolle „sich für eine völkerrechtliche Ächtung vollautomatisierter Waffensysteme einsetzen, die dem Menschen die Entscheidung über den Waffeneinsatz entziehen“.

Die Spitzen von CDU/CSU & SPD verzichten zudem auf die Formulierung konkreter Maßnahmen. Selbst ein einfaches Bekenntnis auf nationaler und internationaler Ebene Schritte einzuleiten, bleibt aus. Somit ist zu befürchten, dass weder eine öffentliche Debatte zum Thema angestrebt, noch das Deutschland mit nationaler Gesetzgebung eine internationale Vorreiterrolle einnehmen wird. Die Einigung auf ein Moratorium über die Anschaffung und Entwicklung autonomer Waffensysteme hätte den Versprechen der neuen alten Großen Koalition wesentlich mehr Glaubwürdigkeit verliehen.

Das Ergebnis des Koalitionsvertrags zu autonomen Waffensystemen liest sich als die Einigung auf den kleinstmöglichen gemeinsamen Nenner zwischen den Parteien. Auch wenn eine Ächtung mit CDU, CSU und SPD grundsätzlich möglich erscheint, so bleibt abzuwarten, ob die deutsche Delegation im April bei den nächsten Treffen der Vereinten Nationen tatsächlich einen Kurswechsel anstrebt und sich der Forderung der Mehrheit der Staaten nach einer verbindlichen Regulierung bzw. völkerrechtlichen Ächtung von autonomen Waffensystemen anschließt.

 

 

 

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