Keine Fortschritte bei informeller CCW-Gesprächsrunde: Staaten müssen im November endlich Verantwortung übernehmen!

"Broken Chair" - Mahnmal vor dem UNO-Hauptgebäude in Genf Bild: © Guilhem Vellut [CC BY 2.0] - flickr

Nachdem die Gespräche der Hohen Vertragsparteien des CCW-Vertrages über den Umgang mit autonomen Waffensystemen im April wegen der schlechten Zahlungsdisziplin einiger Länder verschoben wurden, hätten diese nun im August im europäischen UNO-Hauptsitz in Genf stattfinden sollen. Hätten – denn Staaten wie Brasilien oder Russland sind ihren Zahlungsverpflichtungen noch immer nicht vollständig nachgekommen. Aus diesem Grund fand vergangene Woche nur ein informelles Treffen im Palais des Nations in Genf statt. Dort konnten keine Fortschritte erzielt werden. Einziger Lichtblick: die formalen Gespräche der CCW-Vertragsstaaten sollen nun tatsächlich Mitte November 2017 stattfinden.

Wie wir bereits im Vorfeld der Konferenz ausführlich berichtet haben, hatte das nur einstündige informelle Treffen zum Ziel, die Ergebnisse des ersten Reports der vom Auswärtigen Amt installierten Expertengruppe iPRAW (International Panel on the Regulation of Autonomous Weapons) vorzustellen. Neben dem deutschen Botschafter Michael Biotino der Ständigen Vertretung der Bundesrepublik Deutschland bei der Abrüstungskonferenz stellten die beiden Experten des iPRAW-Reports Marcel Dickow von der Stiftung für Wissenschaft und Politik sowie Ian MacLeod des Applied Physics Laboratory der John Hopkins Universität das Podium.

Die Stellungnahmen und Fragen der wenigen Staaten, die sich zu Wort meldeten, bezogen sich überwiegend auf die Definitionsproblematik von LAWS (lethal autonomous weapons systems). So wurde beispielsweise gefragt, in wie weit iPRAW zwischen (voll) autonom und (voll) automatisiert unterscheidet und ob am Ende der Publikationsreihe mit einer Definition seitens des Panels zu rechnen sei. Die beiden Experten erklärten, dass eine allumfassende Definition vor dem Hintergrund fließender Grenzen zwischen diesen vier Konzepten unmöglich erscheint. Zudem gab Marcel Dickow zu bedenken, dass der tatsächliche, operative Rahmen eines autonomen Waffensystems eine Definitionsfindung zusätzlich erschwert (z.B. Einsatzort oder Art der tatsächlichen Anwendung). Daher wird das Panel voraussichtlich eine Auflistung möglicher Elemente einer Definition anstreben. In diesem Zusammenhang regte Sierra Leone an, Waffensysteme zu klassifizieren und diesen Definitionen zuzuordnen.

Die beiden Experten sowie einige Länder fügten hinzu, dass iPRAW die Arbeit und Entscheidungsfindung der Staaten nicht ersetzen kann. Das Panel kann Anstöße liefern und die Debatte strukturieren. Es ist jedoch Aufgabe der CCW-Staaten eine endgültige Lösung für den Umgang mit autonomen Waffensystemen zu finden.

Sowohl Sierra Leone wie auch die International Campaign to Stop Killer Robots wiesen zudem auf den Brief der mehr als 100 Technologie-Unternehmen und Wissenschaftler im Bereich Künstlicher Intelligenz hin. Dieser wurde im Vorfeld der informellen CCW-Gesprächsrunde veröffentlicht. In dem Schreiben warnen die Tech-Experten die nationalen Regierungen ausdrücklich vor der Gefahr autonomer Waffensysteme, bieten ihre technische Expertise an und bedauern die Absage der formalen Gespräche der „Group of Governmental Experts“ vergangene Woche.    

Mary Wareham, internationale Koordinatorin der Kampagne Stop Killer Robots, zeigte sich in ihrem Statement enttäuscht von dem mangelnden Fortschritt in diesem Jahr. Sie erinnerte an den ausführlichen Bericht über autonome Waffen aus dem Jahr 2013 vor dem UN-Menschenrechtsrat von Prof. Christof Heyns, dem UN-Sonderberichterstatter über außergerichtliche, summarische oder willkürliche Hinrichtungen, mit welchem das Thema erstmals internationale Aufmerksamkeit erzielte und welcher von mehr als zwei Duzend Ländern begrüßt wurde. Seit letzten Dezember jedoch die Aufnahme formaler Gespräche durch die CCW-Vertragsparteien beschlossen wurde, sind bedauerlicherweise keine Erfolge der Staatengemeinschaft mehr zu verbuchen. Aus diesem Grund wird die Kampagne für ein Verbot autonomer Waffen in Zukunft noch stärker auf Länderebene aktiv werden, um nationale Gesetzgebung und öffentliche Bewusstseinsbildung zu fördern.

Bisher haben sich 19 Staaten für ein präventives Verbot vollautonomer Waffen ausgesprochen. Desweiteren plädieren eine Vielzahl von Staaten für die Mindestvoraussetzung einer „bedeutsamen, menschlichen Kontrolle“ (meaningful human control) bei der Zielauswahl und Gewaltausübung. Auch die Zivilgesellschaft ist aktiv. Weit mehr als 50 NGOs engagieren sich in der Kampagne gegen Killer Roboter und für ein präventives Verbot von autonomen Waffensystemen. Desweitern warnen zahlreiche Experten, Wissenschaftler und internationale Tech-Unternehmer wie Elon Musk von Tesla, der berühmte theoretische Physiker Stephen Hawking oder Mustafa Suleyman von Googles KI-Unternehmen Deepmind wiederholt vor den Folgen einer unkontrollierten Entwicklung von Künstlicher Intelligenz im Rahmen autonomer Waffen und den möglichen Folgen ihres Einsatzes. Die Notwendigkeit seitens der nationalen Regierungen aktiv zu werden ist unbestritten. Die Staatengemeinschaft muss endlich Verantwortung zeigen und im November dieses Jahres Fortschritte erzielen!

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